Dienstag, 6. Dezember 2016

Sachsens „Orientierungsrahmen für die Sexualerziehung“ ist ein Gender-Lehrplan

Sachsens „Orientierungsplan zur Sexualerziehung“ experimentiert mit den Kindern und folgt ähnlichen Prinzipien wie der dekonstruktivistische UFA-Kristallpalast in Dresden. Foto: Kolossos, Wikimedia Commons. Lizenz CC BY-SA 3.0
Diese Woche hat das sächsische Kultusministerium seinen textlastigen „Orientierungsrahmen für die Familien- und Sexualerziehung an sächsischen Schulen“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Federführend war CDU-Kultusministerin Brunhild Kurth. Der Freistaat wird gegenwärtig von einer CDU/SPD-Koalition regiert.

Die sächsischen Schulpolitiker haben die Richtlinien für die Sexualerziehung deutlich dem herrschenden Zeitgeist angepasst und die links-grüne Mode-Ideologie „Gender“ eingeführt. Sie gingen aber wesentlich geschickter als ihre hessischen Kollegen vor und mieden die autoritäre Sprache des hessischen Kultusministers Ralph Alexander Lorz (CDU).

Sicherlich wollte man heftige Auseinandersetzungen wie in Baden-Württemberg und in Hessen vermeiden, aber gleichzeitig dem linken Zeitgeist huldigen.

In Hessen tobt seit dem Spätsommer ein heftiger Kampf um den neuen „Lehrplan zur Sexualerziehung“. Die Debatte entzündete sich vor allem an der mit ausgestrecktem Zeigefinder geforderten „Akzeptanz sexueller Vielfalt“. Das treibt just die CDU-Basis zur Weißglut: Eltern, Katholiken, Konservative. Mit seinen Kampf für Gender und gegen Elternrechte ist Kultusminister Lorz dabei, die Popularität seiner Partei in Hessen zu ruinieren. Hier ist die CDU traditionell konservativ geprägt.

In Sachsen wählte man eine vorsichtigere Sprache und zeigt sich verständnisvoller gegenüber unterschiedlichen Wertvorstellungen. Gender wird in wohl kalkulierten Dosierungen verabreicht und durch eine fast schwülstige Sprache verbrämt.

Wer aber den „Orientierungsrahmen“ sorgfältig liest, erkennt problemlos, dass die Gender-Ideologie nicht nur namentlich erwähnt, sondern in vollem Umfang enthalten ist.

So sollen sich Schülerinnen und Schüler mit „Homosexualität und anderen Ausdrucksformen sexueller Vielfalt (vor allem Bi-, Inter- und Transsexualität)“ auseinandersetzen.

Ausdrücklich erwartet man von den Schülern eine Akzeptanz der „neuen Einstellungen zum Sexualleben“: „Gesellschaftliche Einstellungen zum Sexualverhalten der Menschen (wie u. a. zur Homosexualität) haben sich in den letzten Jahren verändert. Familien- und Sexualerziehung sollte dazu beitragen, dass unterschiedliches selbstbestimmtes Sexualverhalten, das die Würde des Menschen wahrt, keine Bewertung erfährt und als Teil der individuellen Persönlichkeit akzeptiert wird.“

Die Sexualerziehung soll durchaus bei den Kindern zu einem Hinterfragen der Wertvorstellungen führen, die sie von den Eltern oder von der Kirche (bzw. Religion) erhalten haben: „Sexualerziehung soll helfen, eigene Wertvorstellungen zum sexuellen Verhalten, zu Partnerschaften, Ehe und Familie zu entwickeln und diesbezüglich selbstbestimmte Entscheidungen zu fällen.“

Demnach kann es gar nicht anders sein, dass die Schule als Konkurrenz zum Elternhaus wirkt. Wie diese Zielsetzung mit dem Indoktrinationsverbot zu vereinbaren ist, bleibt ein Geheimnis der sächsischen Schulpolitiker.

Die Vorstellung, es gäbe eine Vielfalt an sexuellen Orientierungen oder Identitäten, findet sich mehrmals im Text des Orientierungsplanes: „Sexualerziehung soll zu Toleranz gegenüber unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, Verhaltensweisen und Lebensstilen anhalten und motivieren, Diskriminierungen entgegenzuwirken“. Oder es heißt: „Bei der Thematisierung von Geschlechtlichkeit (Sex und Gender, männlich/weiblich, Jun-gen/Mädchen, Männer/Frauen) ist zu beachten, dass es Kinder und Jugendliche in der Lerngruppe geben kann, die sich physisch oder psychisch nicht den traditionellen Kategorien von männlich und weiblich zuordnen lassen bzw. sich selbst nicht zuordnen können - unabhängig vom angeborenen eindeutigen oder uneindeutigen anatomischen Geschlecht.“

Das letzte Zitat ist besonders interessant, denn es enthält in konzentrierter Form die gesamte Gender-Ideologie.

Die Textpassage besagt, dass es Menschen gebe, die sich nicht in die „traditionellen Kategorien“ von Mann und Frau zuordnen lassen. Ferner gibt es Menschen, die sich selber diesen „traditionellen Kategorien“ nicht zuordnen können.

Das Wort „traditionelle Geschlechter-Kategorien“ impliziert die Vorstellung, diese „Kategorien“ seien nicht von der Natur aus gegeben, sondern kulturelle oder soziale Produkte. Nur dann ergibt die Bezeichnung „traditionell“ Sinn, um Mann und Frau als solche zu bezeichnen. Fasst man so die Entstehung der Geschlechter auf, befindet man sich schon tief in der Gender-Ideologie.

Interessant ist auch die Tatsache, dass eine „gewollte“ Zuordnung zu einem Geschlecht nicht erwähnt wird. Wenn beispielsweise ein Mann der Auffassung ist, er sei eine Frau, so wird das im sächsischen Orientierungsplan nicht als ein WUNSCH, also als ein Akt des Willens, aufgefasst, sondern als eine gegebene Tatsache.

Auf welcher Grundlage diese Zuordnung erfolgen soll, wird nicht näher erläutert. Das simple Erläutern seitens eines einzelnen Individuums sei ausreichend. Der Wille ersetzt somit die Natur. Oder anders ausgedrückt: „Ich will, dass die Natur eine bestimmte Gestalt annimmt, also ist die Natur so“.

Der Wille des Einzelnen wird auf diese Weise zum Maß aller Dinge.

Großen Raum erhält die Behandlung eines der Lieblingsthemen der Genderisten, das Rollenverhalten der Geschlechter: „Aufschlussreich für Jungen und Mädchen ist weiterhin die geschlechtsbezogene Behandlung des Themas 'geschlechtstypisches Verhalten'. Die Sicht von einem 'typisch' weiblichen und 'typisch' männlichen Verhalten hat in den letzten Jahrzehnten Veränderungen erfahren . . .“

Dahinter steckt die Idee, das Verhalten von Männern oder Frauen (oder welche sexuelle Orientierung auch immer) würde nicht ihrem Geschlecht entsprechen, sondern der kollektiven Vorstellung der Gesellschaft, wie Männer und Frauen zu sein hätten.

Selbstverständlich gibt es Freiheiten bei der konkreten Gestaltung von Männlichkeit und Weiblichkeit. Ebenso ändert sich die Erscheinungsform des Männlichen und des Weiblichen mit der Zeit und entsprechend der Kultur.

Für die Genderisten gibt es aber (praktisch) keinen Zusammenhang zwischen Natur und Kultur. Die Kultur und damit die Erscheinungsform des Männlichen und des Weiblichen schweben gleichsam über der Natur, ohne dass sie diese überhaupt berührt. Zu behaupten, dass Männer und Frauen sich entsprechend ihres naturgegebenen Geschlechts verhalten, sei eine Chimäre, so die Genderisten. (Diese Sichtweise entfaltete vor allem Judith Butler in ihrem Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“.)

Fazit: Sachsens „Orientierungsrahmen für die Familien- und Sexualerziehung an sächsischen Schulen“ ist ein Gender-Lehrplan, auch wenn er nicht mit dem autoritären Ton des hessischen Lehrplanes daherkommt. Doch gerade das macht ihn trügerisch und damit noch gefährlicher. Es ist deshalb äußerst wichtig, dass Sachsens Eltern erfahren, wie indoktrinierend der neue Orientierungsrahmen ist. Dagegen gilt es energisch Widerstand zu leisten.


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